Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht 2024


Warum noch erinnern?

Diese Frage haben sich die Schülerinnen und Schüler der weiter-führenden Schulen der Stadt Euskirchen bei der Vorbereitung für die Gedenkfeier anlässlich der Reichspogromnacht gestellt. Ihre Antworten haben die jungen Menschen am Freitag, 8. November, im Alten Casino vorgestellt.

Nachdem die Schulleiterin der Kaplan-Kellermann-Realschule,
Karin Bossant, die Veranstaltung mit einer eindringlichen Mahnung eröffnet hatte, richtete auch Bürgermeister Sacha Reichelt einige Worte an die rund 140 Gäste.

Während die Schulleiterin betonte, dass die Schrecken der Vergangenheit niemals vergessen werden dürfen, um zu verhindern, dass sie sich jemals wiederholen, so richtete der Bürgermeister den Blick auch durchaus auf die Gegenwart und mahnte daran, dass es eine große Gefahr berge, wenn der Begriff der Wahrheit zur Interpretation freigegeben werde.

Im Anschluss traten Gruppen von Kaplan-Kellerman-Realschule, Emil-Fischer-Gymnasium, Geschwister-Graf-Gesamtschule und Marienschule auf, um die Gedanken der Schülerinnen und Schüler auf die Bühne zu bringen. Dabei wurden Gedichte rezitiert, Gedanken vorgetragen und mehrere Musikstücke von Klassik bis Pop gespielt.

Zum Abschluss der Veranstaltung zogen die Gäste mit den Künstlerinnen und Künstlern gemeinsam zur Gedenkstätte an der ehemaligen Synagoge. Es wurden Kerzen aufgestellt und von den Pfarrern der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden ein
gemeinsames Gebet gesprochen sowie zum Abschluss ein Friedenslied gesungen.

Wir bedanken uns recht herzlich bei Herrn Nolden, Pressesprecher der Stadt Euskirchen, für die Bereitstellung der Bilder und des Textes. Im folgenden finden Sie die bereits erwähnte Rede unserer Schulleiterin, Karin Bossant.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Reichelt, sehr geehrte Ehrenstadtverordnete Herr Belter und Herr Pelzer, sehr geehrter Herr Ehrenbürgermeister Doktor Friedl, sehr geehrte Vertreter der Presse, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler!

Heute noch erinnern – wozu?

Was können wir aus der Auseinandersetzung mit den Ereignissen der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 lernen, als in Deutschland Synagogen und weitere jüdische Einrichtungen, so auch hier in Euskirchen, brannten. Der Friedensnobelpreisträger und Überlebender der Shoah, Elie Wiesel, sagte:
„Darüber zu sprechen, ist unmöglich, darüber zu schweigen, verboten.“
Die von Wiesel benannte Unmöglichkeit, das Leid, das in den 12 Jahren unserer Geschichte, der Geschichte unseres Landes, geschehen ist, zu benennen, spricht uns nicht frei von unserer Verantwortung, die Erinnerung zu bewahren.

Heute noch erinnern – wozu?

Die Zahlen und Fakten zur Pogromnacht und den folgenden Jahren der deutschen Geschichte müssen zum Bestandteil unseres Gedächtnisses werden, umso ein Zukunftsgedächtnis zu erarbeiten. Unfassbares muss fassbar sein.
Wir können in der Gegenwart nur verantwortlich handeln, wenn wir unsere Erinnerung bewahren und im Sinne dieser unsere Zukunft gestalten. Im Wissen um die Vergangenheit und die Ereignisse vom 9. November 1938 und in den folgenden Jahren, diesem unsäglichen Zivilisationsbruch müssen wir auch künftige Generationen zur Wachsamkeit erziehen. Das Erinnern muss so wirksam sein, das es in die Zukunft wirkt.

Heute noch erinnern – wozu?

Die Erinnerung soll Ausdruck sein für die Trauer über das Leid und den Verlust. Die Erinnerung soll dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein. Die Erinnerung soll der Gefahr der Wiederholung entgegenwirken. Noch einmal möchte ich Worte von Elie Wiesel zitieren:

„Ohne Erinnerung gibt es keine Kultur. Ohne Erinnerung gäbe es keine Zivilisation, keine Gesellschaft, keine Zukunft. “

Heute noch erinnern– wozu?

Für die Erinnerung braucht es Mut, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um in der Gegenwart und Zukunft verantwortlich handeln zu können. Es braucht die Hoffnung, dass wir gemeinsam stark genug sind, eine Wiederholung zu verhindern. Es braucht Courage, nicht zu verzagen, sondern positiv in die Zukunft zu blicken und diese aktiv zu gestalten.

Heute noch erinnern – wozu?

Für unsere Zukunft!

Ich möchte meine Gedanken mit einem letzten Zitat von Elie Wiesel schließen:

„Frieden ist nicht Gottes Geschenk an seine Geschöpfe, Frieden ist unser Geschenk aneinander.“